Das Ziel ist klar: Im Kampf gegen den Klimawandel will Deutschland bis 2045 klimaneutral sein. Dafür müssen unter anderem auch die Emissionen und der Ressourcenverbrauch im Gebäudesektor sinken. Will man im Bauwesen geeignete Maßnahmen in den Bereichen Klimaschutz und Ressourceneffizienz ableiten, stellt sich zunächst die Frage: Wo haben die Gebäude-Emissionen ihren Ursprung?
Im Fall der operativen Emissionen – CO2-Emissionen, die etwa durch Wärme- und Stromverbrauch während der Nutzung einer Immobilie entstehen, ist das einfach. Bei den verbauten Emissionen ist es komplizierter. Denn Bauwerke bestehen aus vielen verschiedenen Bauprodukten und Materialien. Planerinnen und Planer können hier auf sogenannte Umweltproduktdeklarationen (Environmental Product Declarations, kurz EPDs) zurückgreifen. Diese liefern transparent valide Daten, die die umweltrelevanten Eigenschaften von Bauprodukten aufzeigen. Hersteller wie Hagemeister geben die EPDs in Auftrag.
EPDs: transparente, drittgeprüfte Daten
Welche Stoffe beinhalten Bauprodukte? Welche Ressourcen wurden bei ihrer Produktion verbraucht und welche Umweltwirkungen sind dadurch entstanden? EPDs liefern diese Angaben in Form einer Ökobilanz. Dabei quantifizieren sie beispielsweise den Beitrag von Baumaterialien zum globalen Treibhauseffekt oder zur Bodenversauerung. Im Hinblick auf das Fernziel der Klimaneutralität bis 2045 ist insbesondere das Global Warming Potential beziehungsweise das CO2-Äquivalent ein wichtiges Kennzeichen, auf den Bauverantwortliche schauen.
Da EPDs von unabhängigen Dritten geprüft und verifiziert werden, stellen sie nicht nur die Transparenz der Daten, sondern auch ihre wissenschaftsbasierte Erhebung und Objektivität sicher.
Hagemeister-EPD für Upcycling-Klinker
Auch Hagemeister stellt den Kundinnen und Kunden EPDs für die Klinker zur Verfügung. Etwa für die Upcyclingbrand Klinker, für den eine Umweltproduktdeklaration in der Datenbank des Institutes für Bauen und Umwelt (IBU) abrufbar ist. Das IBU ist in Europa einer der führenden Programmbetreiber für EPDs. In der EPD wird der Upcycling-Prozess des nachhaltigen Klinkers beschrieben, der aus wiederverwendeten Rohstoffen besteht und wichtige Prinzipien der Kreislaufwirtschaft in sich vereint.
Die EPD weist für Upcycling-Klinkerprodukte einen CO2-Fußabdruck von 141 kg CO2 je Tonne Klinkermaterial aus. Im Vergleich zu Betonsteinen (regelmäßig > 200 kg CO2/t) oder Klinkern aus konventionell beschafften Rohstoffen ist dies ein bis zu 30 Prozent geringerer CO2-Fußabdruck.
EPDs bewerten nicht, sie quantifizieren Daten
Aber: EPDs selbst bewerten nicht und dienen nicht für einen direkten Vergleich der Nachhaltigkeitsleistung von Bauprodukten. Denn die ökologische Qualität von Materialien hängt mit ihrer funktionalen Leistungsfähigkeit zusammen und wird im Wesentlichen durch den Gebäudekontext bestimmt, in dem sie eingesetzt werden.
EPDs haben zudem den gesamten Lebensweg der Baustoffe im Blick und basieren auf Lebenszyklusanalysen (LCA). Dazu gehören auch die Daten zum Rückbau, der Recyclingfähigkeit oder zum Deponiebedarf. All diese Informationen können Architektinnen und Architekten aus den EPDs entnehmen. Damit helfen diese den Verantwortlichen dabei, Gebäude oder Sanierungsvorhaben von vornherein ganzheitlich zu planen und deren gesamte Ökobilanz zu berechnen. Dadurch können sie die Umweltrisiken im Bauwesen reduzieren und die Nachhaltigkeit im Bausektor fördern.
EPDs liefern wichtige Daten für die Bauproduktenverordnung
Die EPDs fußen auf den internationalen Normen ISO 14025 (für Typ III-Umweltdeklarationen) und der europäischen Norm DIN EN 15804 (speziell für Bauprodukte). Ergänzt werden sie durch die Norm ISO 21930. Diese gilt ebenfalls für Bauprodukte. Die Normen legen die standardisierten Grundsätze und Verfahren für die Erstellung und Darstellung von Lebenszyklusdaten fest.
Da EPDs standardisierte Informationen über die Umweltwirkungen von Bauprodukten liefern und so die nachhaltige Planung und Bewertung von Gebäuden ermöglichen, sind sie für die Bauproduktenverordnung (BauPVO) relevant. Die BauPVO ist Anfang 2025 in Kraft getreten. Sie ist eine EU-Verordnung, die die Vermarktung von Bauprodukten im europäischen Binnenmarkt harmonisiert. Ihr Ziel ist es, Sicherheit, Nachhaltigkeit und einen fairen Wettbewerb zu garantieren.
EPDs: Mehrwert für Klima, Planungssicherheit für Projektentwickelnde und wirtschaftlicher Nutzen für Betreibende
Darüber hinaus gibt es weitere Vorteile, die EPDs für Entscheiderinnen und Entscheider bieten:
- Umweltproduktdeklarationen bieten eine wissenschaftlich gesicherte Datengrundlage, um die ökologische Qualität von Bauwerken und Sanierungsvorhaben zu beurteilen.
- Das dient ihrer ganzheitlichen Betrachtung und ist eine Voraussetzung für die Nachhaltigkeitsbewertung durch Gebäudezertifizierungssysteme wie BREEAM (Building Research Establishment Environmental Assessment Methodology), der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e.V. (DGNB) oder dem Leadership in Energy and Environmental Design (LEED).
- Viele Ausschreibungsverfahren erfordern mittlerweile Nachhaltigkeitszertifizierung von Bauwerken.
- Bessere Ökobilanz, Imagegewinn und niedrigere Betriebskosten: Investorinnen und Investoren bewerten zertifizierte Bauwerke höher als herkömmliche Bauprojekte.
EPDs können interne Produktionsprozesse optimieren
Wo können Rohstoffe eingespart werden? An welchen Stellen lassen sich weitere Emissionen senken? Die messbaren Daten der Lebenszyklusanalysen können ein Ansatzpunkt sein, die internen Produktionsprozesse von Bauprodukten zu optimieren, indem sie weitere Nachhaltigkeitspotenziale identifizieren. Deswegen sind sie ein wichtiges Werkzeug dafür, das Portfolio von Bauprodukte-Herstellern umweltbewusster zu gestalten.
Diese können unterschiedliche Arten von EPDs in Auftrag geben. Für die Upcycling-Klinker hat Hagemeister zum Beispiel eine produktspezifische EPD erstellen lassen. Darüber hinaus gibt es noch EPDs für ganze Produktgruppen eines Baustoff-Anbieters und Umweltproduktdeklarationen für herstellerübergreifende Produktgruppen.
Fazit
EPDs machen die Umweltwirkungen von Bauprodukten transparent. Sie liefern damit valide Daten für die Planung von Bauprojekten, ihrer ökologischen Bewertung und unterstützen damit Bauverantwortliche dabei, nachhaltigere Entscheidungen zu treffen. So tragen EPDs dazu bei, den Bausektor auf dem Weg zur Klimaneutralität bis 2045 zu transformieren.
Quellen
Institut Bauen und Umwelt e.V. | Das Detail im Fokus. Das Ganze im Blick.
DGNB Analyse zeigt: Relevanz von Umweltproduktdeklarationen nimmt deutlich zu | DGNB